Theorie des Tages

Monat: Februar, 2013

Einen Oscar, bitte! – Donnerstag, 28. Februar 2013

Letzte Nacht ist etwas Bemerkenswertes geschehen: Ich habe tatsächlich so lange geschlafen, dass meine Träume irgendwann mit der Vortagsbewältigung fertig waren und in den Dada-Modus geschaltet haben. Das Ergebnis kann sich sehen lassen:

Ich sitze mit der Mitbegründerin meines Blogbüros und unserem gemeinsamen australischen Freund an meinem Küchentisch. Wir unterhalten uns, und plötzlich fragt unser Freund mich: „Du hast also Twilight nickt gesehen? Auck nickt die Buucher gelesen?“

„Nein!“ sage ich leicht genervt, weil Stephanie Meyers Werke meines Wissens nach nicht gerade zum Weltkulturerbe gehören.

„Aber Lord of the Rings kennst du?“

(Bitte kreuzigt mich nicht für diesen „Vergleich“! Ich kann nichts dafür, was ich träume!!!)

Ich zucke, verärgert über dieses Verhör, lediglich die Schultern. Ich meine, klar kenne ich Herr der Ringe. Ich mag LOTR sogar ein klein bisschen lieber als Star Wars. Unser Freund nahm das hingegen zum Anlass, mich gründlich verarschen zu wollen. In dem Glauben, dass ich von dem Plot noch nie gehört hatte, begann er ihn mir wie folgt zusammenzufassen (Rahmenhandlung bricht ab, Geschichte in der Geschichte, wow, für welche Epoche war das noch mal typisch?):

„A deutsche Bauernbub muss von Bayern aufbrechen nach Suuden zu eine geheime Mission! Er geht mit seine Freund los und überquert im Winter die Alpen!“

Wow. Ich frage mich, ob er den Brenner oder den Reschenpass genommen hat und wo mehr Orks lauern. Jetzt wird der Plot allerdings vollends sinnlos.

„Auf die andere Seite macken sie Rast und kochen. Und dann passiert die Unglück: Plötzlick falls ihnen die geheime Zutat into their Kraftbrühe!“

Okay. Ich bin mir nicht sicher, ob das noch ein Asterix- oder schon ein Spongebob-Crossover ist. Jedenfalls weiß ich jetzt endlich, worin ihre geheime Mission besteht: Sie müssen irgendwo „die geheime Zutat“ abliefern. Wenn ich bedenke, dass der Film damit endet, dass alles zusammenbricht, würde ich mal sagen, es handelt sich bei ihr um Nitroglycerin. Und jetzt schwimmt es in ihrem Zaubertrank (mit der Kraftbrühe kann man mich nun wirklich nicht verarschen). Was nun?

„Sie muussen die Zutat wieder aus die Wasser destillieren, also schuutten sie Brühe in See Genezareth…“

Laut der Landkarte, die unser australischer Freund vor meinen Augen erstehen lässt, befindet sich dieser See irgendwo in der Karibik, aber okay. Der Traum hat auch vorher schon keinen Sinn gemacht.

„Dann muussen die beiden zur Quelle…“

Die Quelle befindet sich irgendwo um Ägypten rum, bloß dass auf dieser Landkarte Ägypten ganz im Süden Afrikas liegt. Von mir aus. Geographie war eh nie meine starke Seite. Vor der WM 2010 hätte ich wahrscheinlich auch geglaubt, Peru liegt in Afrika. Ich bin übrigens trotzdem stolz auf mich. Auf meiner Traumlandkarte war zwar Ägypten falsch eingezeichnet, aber immerhin war Madagaskar mit drauf!

Nun, um es kurz zu machen, „die Quelle“ soll ein Ort sein, dem alle Flüsse und Meere entspringen und an den sie auch stets zurückkehren. Dort werden alle fremden Flüssigkeiten wieder aus dem reinen Urwasser gefiltert und einzeln aufgereiht – also im Grunde eine gigantische Kläranlage. Cool. Warum machen wir uns eigentlich solche Sorgen um die Umweltverschmutzung?

Frodo, der bayrische Bauernbub, bekommt glücklich seine geheime Zutat zurück und will seinen Freund zum Gehen drängen. Selbiger ist allerdings dummerweise damit beschäftigt,  glücksselig in der Quelle herumzuplanschen und den Seifenblasen nachzujagen, die stetig aus ihr aufsteigen. Frodo gibt schließlich nach und macht mit und am Ende tanzen die die beiden eng umschlungen durch die schwebenden Kugeln. Und das wirklich Sinnlose daran ist immer noch, dass der Freund sich auf einmal in den jungen Daniel Agger verwandelt hat. Verdammt, ich shippe Danny nicht mit Hobbits!!!

„Und dann kam aber plötzlick eine Kahn…“

„Tourists?“ frage ich verständnisvoll. So eine Quelle will ja schließlich jeder mal gesehen haben.

Leider sind es recht vertrottelte Touristen, sie rammen mich nämlich mit ihrem dämlichen Kahn und ich wache auf, bevor unsere beiden Helden einen Schritt weitergehen und die Quelle womöglich bald noch ganz andere Flüssigkeiten aus dem Wasser filtern muss. Vielleicht ist das auch gut so.

Wir erwachen abrupt aus Binnen- und Rahmenhandlung und ersparen uns, da wir weder im Deutschunterricht sitzen, noch auf der Couch liegen jegliche Interpretation. Dies, liebe Kinder, ist also der Plot von LOTR. Meine Träume haben den Oscar für die beste Crack-Fic verdient.

In dubio – Mittwoch, 27. Februar 2013

„Dub“ kann ja, je nachdem, was man dahinter stellt, die unterschiedlichsten Bedeutungen haben. Im Bereich der Fanfiction etwa gibt es das schöne Wort dubcon, und hier ist „dub“ kurz für „dubious“.

Nun gehe ich zwar davon aus, dass beim Dubstep „dub“ nicht für „zweifelhaft“ steht, aber ich bin fest davon überzeugt, dass „Dubstep“ neben einer Londoner Musikrichtung auch noch einen Tanzstil bezeichnet, und dass hier „dub“ sehr wohl für „dubious“ steht. In dieser Gebrauchsform beschreibt „Dubstep“ die Praxis, zu tanzen, ohne sich ganz sicher zu sein, welche Tanzschritte man als nächstes auszuführen hat. Kleiner Tipp: Im Zweifelsfall nicht auf den Fuß des Partners!

Weirdos im Winter – Dienstag, 26. Februar 2013

Was ist eigentlich aus dem Weirdo von gegenüber geworden?

Ich kann darüber natürlich nur wilde Vermutungen anstellen, da ich ihm seit geraumer Zeit nicht mehr gegenüber wohne. Allerdings sehen sie aus wie folgt:

Der laut dpa „trübste Winter seit mindestens 42 Jahren“ hat auch unseren Freund Weirdo tief in seine Höhle getrieben. Dort verharrt er mit Weibchen und Fläschchen und hofft darauf, dass es bald wärmer wird, damit er wieder am Fenster dozieren und sich der Illusion hingeben kann, er habe noch ein anderes Publikum als seine Frau. Allerdings hat er heute im Fernsehen gehört, dass der Frühling wohl noch auf sich warten lässt.

„Hoffentlich gibt es dann wenigstens nächstes Jahr nicht so viele Radfahrer ohne Licht, die die Post aus den Briefkästen klauen!“ grummelt er in seinen Wanst und dreht sich auf die andere Seite, um weiterzuschlafen. Unterdessen sendet sein Laserpointer einsame rote Signale in die weiße Leere vor dem Fenster aus.

Er kann sich freuen. Wenigstens werde nachts im Sommer nicht wieder ich auf dem Balkon gegenüber sitzen und billige Bowle aus der Flasche trinken. Das ist doch schon mal etwas!

Wahrnehmungsdifferenzen – Montag, 25. Februar 2013

Ich habe schon viel im Fernsehen gesehen. Wahrscheinlich zu viel. Und ich hätte viel öfter wegschauen müssen. Und jetzt gerade ist mir wieder so etwas passiert. In der Werbepause von Spongebob lief nämlich die Vorschau von „Plain Jane“. Eine durchschnittliche junge Frau, die „atemberaubend schön“ sein will. Es wird an ihr herumgezupft, -frisiert und -gestylt, und am Ende steht sie vor dem Spiegel und jubelt atemlos: „Ich sehe aus wie eine Göttin!“ Und ich stehe vor dem Fernseher und denke: „Hä? Die sieht doch genauso aus wie vorher: Ganz okay!“

Ich weiß nicht, woran diese Diskrepanz liegt. Bin ich irgendwie unempfänglich für weibliche Schönheitsideale? Achte ich so sehr auf innere Werte, dass ich äußere Veränderungen gar nicht bemerke?

Möglich. Mir hat sich ja auch der Sinn von Markenklamotten nie so recht erschlossen. Es gibt allerdings auch noch eine zweite Erklärung: Die Veränderung ist gar nicht so groß. Vielleicht ist Viva plötzlich human geworden und hat eingesehen, dass man Menschen äußerlich nur begrenzt verändern kann, wenn man nicht ganz schwere Geschütze auffahren will.

Nee.

Kann nicht sein.

Ich hab nen Knick in der Optik.

Nicht lustig – Sonntag, 24. Februar 2013

Liebe akademische Welt,

heute bekam ich eine Suchanfrage, die dich vielleicht interessieren könnte. Sie lautete: „selbstmord wegen studienabbruch“.

Denk mal darüber nach.

Viele Grüße,

Theorie des Tages!

Stellvertreter – Samstag, 23. Februar 2013

Mein Vater ist ja eine besondere Art „Fußballfan“. Er unterstützt gegenwärtig drei verschiedene deutsche Teams- allerdings heißt bei ihm unterstützen nicht viel. „Übersteigertes Fanverhalten“ fängt bei ihm schon damit an, dass man im Internet nachschaut, wann das eigene Team spielt, damit man sich das Spiel im Fernsehen anschauen kann. Umso interessanter ist die Auswahl seiner Teams: Irgendwie sind es gerne die, deren Fans wegen Ausschreitungen in den Schlagzeilen stehen.

Ich habe auch eine Theorie, was hier eigentlich vorgeht: Mein Vater muss stellvertretend durch die Fans seine eigenen Aggressionen ausleben. Deswegen interessieren ihn auch nicht die Spiele, sondern nur die Nachrichten drum herum.

Schlafes Bruder – Freitag, 22. Februar 2013

Es passieren merkwürdige Dinge mit meinem Schlafrhythmus. Ich werde mittlerweile um 11 Uhr abends müde. So richtig müde. Trotzdem gehe ich nicht vor sieben Uhr morgens ins Bett. Keine Ahnung, warum. Und dann wache ich ganz von selbst so um zwölf oder eins auf und bin wach. So wach wie ich eben werde. Es gibt nur eine mögliche Erklärung dafür: So alles in allem will ich wohl einfach nicht schlafen. Warum auch immer.

Woe! Woe! – Donnerstag, 21. Februar 2013

Ach, Welt! Warum bist du denn so grausam zu mir?! Jetzt habe ich gerade eines der dramatischsten Spiele gesehen, die der FC Liverpool in den letzten paar Jahren abgeliefert hat, wobei mir die Auswärtstorregel mal wieder das Herz bricht, ich begebe mich voller Tragik auf Theorie des Tages, um pünktlich vor Mitternacht meiner Pflicht nachzukommen, und dann stolpere ich über das:

dr. müller telefonerotik

Und natürlich kann ich dann nicht umhin, darüber nachzudenken, warum zur Hölle jemand „Telefonerotik“ schreibt statt „Telefonsex“. Pathos im Eimer. Danke, unbekannter Suchanfragensteller, vielen Dank! Am Ende muss ich jetzt auch noch spülen anstatt auf tumblr mein Leid zu klagen! Und ich kann mich noch nicht mal damit trösten, dass ich jetzt komplizierte, intellektuell befriedigende Theorien über die Natur des Suchanfragenstellers entwickeln kann. Schließlich ist die Sache ja ganz einfach: Es handelt sich zweifelsohne um einen Schnösel von Elitepartner! Wer sonst sagt schon „Erotik“, wenn er Sex meint?

Geldbewegungen – Mittwoch, 20. Februar 2013

Ich weiß nicht, nach welchem Muster mein Kontostand steigt und fällt, aber eines weiß ich sicher: Mit meinen Ausgaben hat es nichts zu tun! Zumindest nicht, soweit ich weiß. Vielleicht hat ja Dr. Müller ihre Hand im Spiel…

Die beruhigendere Theorie lautet, dass es wie bei Zahlenreihen in IQ-Tests eine Formel gibt, nach der mein Kontostand sinkt und fällt. Etwa: Vom gegenwärtigen Kontostand 150 Euro abziehen, dann das Ergebnis verdoppeln, dann wieder 150 Euro abziehen…

Wäre nicht die schlechteste Formel. Ich glaube, damit kann man reich werden.

Ein sicheres Produkt – Dienstag, 19. Februar 2013

Ich bin ein fantasievoller Mensch, aber Tee gehört zu den wenigen Dingen, die ich eigentlich nie für übermäßig gefährlich gehalten habe. Außer vielleicht, ich wurde gezwungen, ihn eine Woche lang ungezuckert im Schullandheim zu trinken. Lauwarm, versteht sich. Bäh.

Dies beiseite, schien Tee mir jedoch immer relativ harmlos zu sein, fast schon fad. Ich weiß also nicht, wie ich es auffassen soll, dass auf Teepackungen auf die Minute genau steht, wie lange man ihn ziehen lassen muss, um „ein sicheres Produkt“ zu erhalten. Was genau soll der Tee mir denn tun, wenn ich mich nicht daran halte? Verwandelt er sich in Pferdefleisch?

Ich habe darüber einmal gründlich (= fünf Minuten auf dem Klo) nachgedacht. Dabei ist mir aufgefallen, dass das wahre Böse eigentlich immer ganz harmlos daherkommt. Das scheint ja so eine Art vorläufige Weltformel zu sein. Insofern macht es durchaus Sinn, dass sich im Tee das ultimativ Böse verbirgt, das herauskommt, wenn wir die Ziehzeiten nicht einhalten.

Dann habe ich noch etwas mehr nachgedacht (ich hatte Verstopfung, vielleicht sollte ich es mal mit dem Zaubermittel benutzen), und mir fiel auf, dass ich die Ziehzeit grundsätzlich immer überschreite, weil ich die Teebeutel in der Tasse lasse, während ich den Tee trinke. Wenn ich mich mit meiner Tasse an den Computer gesetzt habe und der Tee endlich fertig ist, bin ich doch viel zu faul, um nochmal aufzustehen und den Teebeutel zum Müll zu tragen, also bitte! Trotzdem ist mir bisher noch nie im Pfefferminztee Nessie erschienen. Habe ich also gerade bewiesen, dass die Weltformel falsch ist?

Da meine Verdauung wirklich außerordentlich unkooperativ war, dachte ich noch ein Stückchen weiter. Ich bin größenwahnsinnig, aber wenn ich die Weltformel in Frage stelle, kommen schließlich selbst mir ein paar kleine Zweifel. Und beim Stichwort „Zweifel“ dann auch gleich die Erleuchtung.

In der erkenntnistheoretischen Debatte gibt es verschiedene skeptizistische Herausforderungen, welche uns begreiflich zu machen versuchen, dass wir nichts sicher wissen können. Eine davon lautet, wir könnten nicht ausschließen, dass wir von einem bösen Dämon über absolut alles getäuscht werden. Und da wurde mir klar, wie die Weltformel mit meiner Beobachtung vereinbart werden kann:

Das Böse und Heimtückische am scheinbar harmlosen Tee ist nicht das, was passiert, wenn man die angegebene Ziehzeit nicht einhält. Es ist die Angabe der Ziehzeit selbst. Die ist nämlich völlig frei erfunden und stellt eine arglistige Täuschung dar.