Theorie des Tages

Kategorie: Gott und die Welt

Moderne Wunder – Dienstag, 14. Oktober 2014

  • Die letzten zwei Flaschen Schorle im Supermarkt ergattern
  • Bei einer Klausur mal wieder eine Punktlandung hinlegen.
  • Doch noch zehn Euro im Geldbeutel haben.
  • Dozenten, die keine Powerpointpräsentation verlangen.

Man soll ja für alles dankbar sein.

10 Dinge, die man niemals tun sollte – Donnerstag, 25. September 2014

  • An der eigenen Persönlichkeit arbeiten und hoffen, dass man dadurch die des anderen verändert.
  • Nett zu Menschen sein, die einen mies behandeln.
  • Mit Fundamentalisten diskutieren.
  • Dinge aufschieben, wenn man merkt, dass man eigentlich längst bereit für sie ist.
  • Wichtige Lebensentscheidungen übers Knie brechen, um sich selbst zu beweisen, dass man nicht so ist, wie man fürchtet zu sein.
  • Von sich verlangen, die Dinge, die man tun muss, auch noch gerne zu tun.
  • Mit Mitte 20 glauben, dass man zu alt dafür ist, etwas an seinem Leben zu verändern, was einen grundlegend stört.
  • Den eigenen Verstand und das kritische Denken dem Versuch opfern, ein besserer Mensch zu werden.
  • Bei einer Veranstaltung für Modeblogger Geld fürs Büffet ausgeben.
  • Davon ausgehen, dass es nicht regnen wird.

Supermarkt des Grauens – Freitag, 29. August 2014

Es war Samstagmittag und der Supermarkt war zum Bersten voll. In jeder kleinen Gasse drängelten sich Menschen, die Schlangen begannen schon an der Eingangstür und alle naslang bekam man eine Einkaufstüte in den Rücken. Ärgerlich betrachtete ich die Auswahl an Bettsocken. Zwar gab es sie in grau, blau und rosa, aber leider ausschließlich in Größe 37. Auch die Stöckelschuhe, Hotpants und Ballerinas waren eher für zierliche Frauen gemacht. Die Mitbegründerin meines Blogbüros zog mich von dem Ständer weg, bevor ich mich wegen Diskriminierung beschweren konnte.

„Was wollen wir denn essen?“ fragte ich, als ich mich damit abgefunden hatte, dass ich heute nicht mehr zur Vorkämpferin großfüßiger Damen werden würde.

„Salat!“ sagte die MBMBB in einem Tonfall, als wäre sie bestenfalls drei Jahre alt.

„Na gut!“ antwortete ich, ganz die Mama. „Salat! Dann müssen wir mal in die Gemüseabteilung!“

Die Gemüseabteilung befand sich gleich am Eingang des Ladens, da, wo die Schlangen begannen. Allerdings war umgebaut worden, seit ich das letzte Mal dagewesen war. Die Auslagen bestanden mittlerweile aus Holz, und nicht nur das: Ganz im Stil einer Gepäckausgabe rotierten sie. Blöderweise war das Konzept aber noch nicht ganz ausgefeilt. Da die Auslage Hufeisenform hatte, fiel am Ende des Durchlaufs immer alles auf den Boden, wenn nicht ein eifriger Mitarbeiter in einem blauen Hemd es rechtzeitig aufhob. Ich sah den Abschnitt mit dem Salat auf das Ende der Auslage zukreiseln.

„Schnell, der Salat läuft uns davon!“ rief ich und versuchte, mich mit meiner monströsen Einkaufstüte durch die Massen zu drängeln.

Tatsächlich erwischte ich den Salat noch rechtzeitig, gerade, als er am Eingang vorbeirotierte. Blöderweise sahen die verbliebenen Exemplare wenig schmackhaft aus, ein wenig wie vertrocknete Rosenstöcke.

„Tut mir leid!“ sagte eine Mitarbeiterin, die gerade vorbeikam. „Der Besitzer hat gewechselt, es gibt jetzt nur noch katholische Salatköpfe!“

Schnell zog ich die schönste der drei konfessionsgebundenen Vorspeisen von der Auslage. Die MBMBB drängelte sich an mir vorbei.

„Ich geh schon mal rüber, in den Getränkemarkt!“ sagte sie. „Ich komm gleich noch mal!“

Ich nickte, aber sobald sie draußen war, gingen vor der Tür die Rollläden runter. Offenbar war es bereits eins. Ich stellte mich mit meinem Rosenstocksalat und den Einkäufen an eine der Schlangen. Zu meiner Überraschung leerte sich der Supermarkt jedoch plötzlich rapide. Auf einmal war ich allein bis auf drei Kinder (einen Jungen und zwei Mädchen). Wir standen auch nicht mehr im Supermarkt, sondern auf einer Galerie im ersten Stock über einer altehrwürdigen Aula. Aus einem Saal in der Nähe drang eine laute Stimme, die immer wieder von Applaus und Hochrufen unterbrochen wurde. Jetzt wurde mir auch klar, was Sache war: In dem Saal sprach gerade der neue Besitzer. Er predigte den Kunden die frohe Botschaft.

„Wollt ihr die Erlösung?“ rief er.

„Jaaaa!“ schrie das Publikum zurück.

Ich verdrehte die Augen und grinste den Kindern zu.

„Das klingt ja wie eine Hitlerrede!“ sagte ich. „Wollen wir nicht lieber gehen?“

„Wieso? Zuhören müssen wir ja sowieso!“ sagte das eine der Mädchen ganz ernsthaft.

„Aber Blödsinn müssen wir das!“ sagte ich. „Ich gehe jetzt jedenfalls!“

Augenblicklich wurde ich aufgehalten. Ein ca. 18-jähriges Mädchen mit kurzen, braunen Haaren und dunklen, puritanischen Augen fragte mich empört, ob ich denn gar nicht um mein Seelenheil besorgt sei.

„Nein, bin ich nicht, ich bin eh Atheist! So, und jetzt sag mir, wo der Ausgang ist!“

Auf diese Provokation hin entspann sich zwischen uns ein recht solides Handgemenge, bei dem mir meine Einkäufe als Wurfgeschosse gute Dienste leisteten. Das Ende vom Lied war, dass ich die Treppe in die Aula hinunterrannte, gerade, als der Prediger und seine Schäfchen den Saal verließen. Ich erstarrte. In der Aula standen immer noch die blaubehemdeten Angestellten. Ich war mir nicht sicher, wie sie zu ihrem neuen Boss standen. Nervte sie das ewige Predigen, oder würden sie mich lynchen, wenn ich versuchte, zu fliehen?

„Soo!“ rief der Prediger. „Ich freue mich, dass ihr heute alle hier versammelt seid, und ganz besonders möchte ich dem kleinen xy zu seiner Kastration gratulieren!“

Ich drehte mich um und sah den kleinen Jungen kahlgeschoren und im Mönchskostüm am Kopf der Treppe stehen. Er grinste stolz. Mein Anatomieprofessor stand mit unbewegtem Gesicht daneben.

„Halt!“ rief das braunhaarige Mädchen dramatisch. Der Prediger wandte sich ihr zu.

„Es ist jemand unter uns, der nicht reinen Herzens ist!“

Schnell suchte ich Deckung hinter ein paar zotteligen schottischen Highland-Kälbern, die sich zwischen die Blauhemden geschoben hatten. Aber natürlich wurde ich sofort entdeckt.

„Wir werden den Sünder bestrafen!“ schrie es um mich her, während ich von der Masse hochgehoben wurde.

„Überlasst das doch lieber Gott!“ rief ich in der Hoffnung, noch einmal davonzukommen.

Ohne auf mich zu hören, beförderte mich die Masse Richtung Tür, und dann direkt auf die Straße. Sofort rasselten die Rollläden hinter mir herunter. Wenn das alles war – damit konnte ich leben.

Blöderweise hatte sich die Umgebung mittlerweile erheblich verändert. Anstelle des Getränkemarkts befand sich mir gegenüber jetzt eine Bushaltestelle, und von der MBMBB war keine Spur zu sehen. Ich hoffte, dass sie es bereits nach Hause geschafft hatte. Ich hatte keine Ahnung, wo ich war, aber nachdem ein paar Busse einfach vorbeigefahren waren, hielt schließlich eine Trambahn an der Bushaltestelle und brachte mich netterweise direkt zur nächsten U-Bahn. Die Anzeigetafel der U-Bahn (nächster Zug: 75 Minuten) ließ wenig Gutes verheißen, war aber glücklicherweise nicht ganz so zuverlässig, wie ich befürchtet hatte. Unterwegs gelang es mir auch, die MBMBB anzurufen, die allerdings mittlerweile bei sich selbst zuhause war. Blöd, aber Hauptsache in Sicherheit. Dachte ich. Denn als ich endlich meine Haustür aufsperrte, hörte ich von nebenan – Klaviergeklimper. Da wurde der Traum dann so schrecklich, dass ich aufwachte.

Hitzegebet – Dienstag, 10. Juni 2014

Zu heiß. Zu elend. Zu voll.

Oh Gott, lass es Ventilatoren regnen!

Werbereviews: Femme fatale – Donnerstag, 05. Juni 2014

Geheimnisse einer Femme fatale.

So verheißungsvoll beginnt die Werbung im Vorabendprogramm. Eine edle schwarzweiße Dame zieht sich das Hemd ihres schlafenden Geliebten an, denn manche Dinge, die zu ihm gehören, sehen auch an ihr gut aus. Nicht aber Stoppeln an den Beinen, und als sich die Pointe dieses Spots enthüllt, lache ich hysterisch auf – wenn einen Kaltwachsstreifen schon zu einer Femme fatale machen würden!!

Fast noch schlimmer ist aber das Kleinmädchenfranzösisch, das Mademoiselle da verbricht. Femme fatale? Baby Blaubeerpfannkuchen! Stichwort Isch mag es, wenn du schdingst! Was eine Femme fatale werden will, sollte den Stimmbruch vielleicht schon hinter sich haben!

Ich glaube, die lieben Werbemacher haben da etwas ganz grundlegend nicht verstanden. Völlig lobotomiert zu klingen macht eine Frau nur auf sehr plumpe Weise sexy. Das wahre Geheimnis einer Femme fatale ist, dass sie genau das eben niemals ist: Plump. Was alles weitere angeht, verweise ich auf The Woman.

Molliges Europa: Die neue Ernsthaftigkeit – Sonntag, 11. Mai 2014

Dunkelbraune Locken, ein langes Ballkleid – das Grandprix-Klischee schlechthin. Erträglich ist es nur unter einer Bedingung: Die Trägerin hat einen Vollbart. Das wirklich Beeindruckende an Conchita ist allerdings, dass sie mehr als nur ihr Bart ist. Sie nimmt sich selbst ernst, und so tritt sie auch auf: Mit einem Song, der schon für sich eine Platzierung in den Top Five verdient hat.

Ein weiterer positiver Aspekt am diesjährigen ESC ist, dass Nachbarschaftsbeziehungen eine viel kleinere Rolle gespielt haben als sonst. Und prompt finden sich unter den ersten vier ausschließlich gute Songs. Könnten wir das bitte jedes Jahr so halten?

Ganz insgesamt gibt es tatsächlich erstaunlich wenig zu meckern, noch nicht einmal zu lästern. Die meisten richtig schlechten Beiträge wurden ja bereits im ersten Halbfinale ausgesondert. Will man auf Teufel komm raus irgendwelche Trends aus dem ESC 2014 ablesen, dann vielleicht den Trend zur Ernsthaftigkeit. Wenig reiner Blödsinn, wenig schrille Kostüme, sogar erstaunlich wenig Dur. Das ist fast schon ein bisschen schade.

Naja, bis auf Polen. Polen war genauso erschütternd, wie man das vom ESC kennt. Gut gemacht.

Auf ein Neues – Samstag, 19. April 2014

So, dann wollen wir doch mal sehen, ob die Stadt auch am Karsamstag so stressig ist…

Der gefährlichste Freitag – Freitag, 18. April 2014

Ein neuer Karwalltag. Wieder muss ich in die Stadt, diesmal sogar zum Bahnhof. Ich wünsche mir viel Spaß.

Platon im Supermarkt – Donnerstag, 17. April 2014

Je nachdem, wie hungrig man einzukaufen pflegt, kann einem bei der Betrachtung der Bilder auf den Verpackungen von Fertiggerichten schon mal das Wasser im Mund zusammenlaufen. Sobald man die mit knurrendem Magen erworbene Tüte dann allerdings in einen Topf oder eine Pfanne leert, kommt die Resignation. Und als ich heute einmal wieder trübselig vor mich hinrührte, verstand ich endlich Platons Höhlengleichnis.

Die Fertignudeln, die wir tatsächlich kochen, sind nur ein Schatten, eine schlechte Kopie der Idee „Asianudeln“. Irgendwo draußen, außerhalb der Höhle, existiert ein Chinarestaurant, in dem das Essen, dessen Kopie ich zubereite und das auf der Tüte abgebildet ist, tatsächlich gekocht wird.

Und die Fesseln, die mich in der Höhle festhalten?

Geldmangel.

Fröhliche Hölle – Montag, 14. April 2014

Das alte Leid. Soll ich weiterschreiben oder nicht?

Ehrlich gesagt fehlt mir im Moment die Motivation für absolut alles. Fürs Lernen, fürs Schreiben, sogar fürs Bloggen (halt, was, Motivation fürs Bloggen? Wenn man fürs Bloggen Motivation braucht, dann ist alles aus.). Ich bin ja schon froh, wenn ich es schaffe, irgendwie das Allernötigste zu tun. Die Melancholie ist zwar die ultimative Triebkraft altmodischer Schriftsteller wie mir, aber die hat man mir verleidet. Mit einer therapeutisch halb bearbeiteten Depression schafft man nichts Großes mehr, nur vielleicht noch den Haushalt.

Wahrscheinlich sollte ich von Comedy auf Tragödie umstellen und weiterhin hochtrabend schlechte Laune kultivieren. Schlechter, als in allem anderen, bin ich darin bestimmt nicht. Und ich verbitte mir, diese erwachsene, realistische Selbsteinschätzung als Selbstmitleid zu titulieren.

Ich bin scheiße – du bist scheiße.

Thomas Anthony Harris für Misanthropen.