Theorie des Tages

Monat: Oktober, 2013

Countdown zur Schreibblockade – Donnerstag, 31. Oktober 2013

Ich habe mal als Kind eine Sailor-Moon-Folge gesehen, in der alle Spiegel in Tokio verzaubert waren. Die Menschen konnten nicht mehr aufhören, hineinzustarren. Sie blieben einfach selbstvergessen irgendwo stehen und lächelten blöde ihr Spiegelbild an.

Daran fühle ich mich immer erinnert, wenn vor mir plötzlich der Verkehr zum Erliegen kommt, weil einer meiner Mitmenschen abrupt stehenbleibt und geistesabwesend auf sein Smartphone starrt. Bisher dachte ich, dass hier schlichte Idiotie am Werk ist, aber ich bin gerne bereit, zu glauben, dass es sich um die Mächte des Bösen handelt.

Dass die Menschheit offenbar gerade mal wieder in eine Horde Zombies verwandelt wird, ist ja ein nettes Halloweenmotiv, aber es ist nichts gegen den wahren Horror, der mir bevorsteht: Nanowrimo ohne Plot. T minus 31 Minuten. Macht der Mondnebel, verwandle mich in eine wunderschöne Schriftstellerin!

 

Laienperspektive – Mittwoch, 30. Oktober 2013

Im Bereich psychischer Krankheiten gibt es ja immer wieder die reizendsten Paradoxa. Vergesst den Kreter, der behauptet, alle Kreter seien Lügner. Heißt stattdessen einen ganz zeitgemäßen Gast willkommen: Den Hypochonder, der panisch Anzeichen dafür sucht, dass er ein Hypochonder sein könnte. Ist das paradox? Ja, das ist paradox.

Es ist doch wirklich eine interessante Frage, ob es noch hypochondrisch ist, wenn ein Hypochonder bei sich nach Anzeichen von Hypochondrie sucht, oder ob es sich schon um Selbsterkenntnis handelt. Könnte das einem Hypochonder überhaupt passieren? Und wenn ja, wie geht es ihm damit?

Meine Theorie ist ja, das sage ich vorweg, dass Hypochonder eigentlich dringend Hypochonder sein wollen müssten. Die Erklärung ist ganz einfach. Zunächst einmal muss man sich nur anschauen, wie sie vermutlich reagieren, wenn in ihnen der Verdacht aufkommt, sie könnten Hypochonder sein: Sie suchen panisch nach Anzeichen dafür, dass sie Hypochonder sind. Dabei geraten sie in eine ziemlich absurde Gedankenspirale, in der Logik keine Chance mehr hat:

1. Ja, es ist wahr. Ich habe Angst vor Krankheiten.

2. Also bin ich Hypochonder.

Das kann sich zunächst einmal wie eine sehr beruhigende Nachricht anfühlen. Denn:

3. Wenn ich Hypochonder bin, dann bin ich nicht ernsthaft krank.

Leider bleibt es nicht dabei. Stattdessen verknäulen sich die Gedanken zu einem uralten Aberglauben:

4. Meine Angst vor Krankheiten beschützt mich also davor, wirklich krank zu sein.

Und die unvermeidliche Schlussfolgerung, welche die Krankheit noch ewig aufrechterhalten kann:

5. Ich darf nie aufhören, Angst zu haben, sonst passiert alles, wovor ich Angst habe.

Wir sehen – eigentlich wissen Hypochonder bereits, dass sie Hypochonder sind. Sie haben nur Angst, damit aufzuhören, weil sie sonst wirklich krank werden könnten. Sie wissen ja: Solange sie Hypochonder sind, sind sie nicht wirklich krank – per definitionem. Ihr Denkfehler besteht natürlich darin, dass sie eine medizinische Definition (Hypochonder als Menschen, die fürchten, krank zu sein, obwohl sie es nicht sind) in einen magischen Prozess umdeuten, der sie vor allem, was sie fürchten, schützt.

Ein tragischer Irrtum. Hypochonder zu sein und die Krankheit zu haben, vor der man sich fürchtet, schließt sich zwar aus – aber leider eben nur per definitionem. Man kann die Krankheit durchaus trotzdem bekommen. Und dass die Ärzte dann die Diagnose „Hypochondrie“ aus den Akten streichen, bedeutet noch nicht mal, dass man jetzt wenigstens von seiner Angst geheilt wäre. Man hat lediglich begründete Angst. Per definitionem. Für normales Elend ist aber leider niemand zuständig, damit muss man allein fertigwerden, und wer kann das schon? Nein, das wäre es doch erheblich besser, ein Neurotiker zu sein.

 

Freie Assoziation. Eine Aufwärmübung. – Dienstag, 29. Oktober 2013

In zwei Tagen beginnt der NaNoWriMo, und deswegen beginnen wir heute schon einmal mit ein paar Aufwärmübungen.

Okay, okay, ich geb´s zu, eigentlich ist dieses gesamte Blog eine einzige Aufwärmübung!! Ich mache auch nichts anderes, als im NaNo, nur auf kleinerer Ebene! Ich habe jeden Tag eine Deadline, auf Qualität kommt es nicht an (sagt das nicht weiter, wozu braucht man Worte, wenn eine Sache für sich spricht!), und irgendwie haben meine Theorien auch gerne die Struktur eines klassischen Dreiakter (Frage – falsche, aber naheliegende Antwort – richtige Antwort), wenn sie auch manchmal etwas entgleisen, hochgradig unlogisch und wenig plausibel sind.

Naja, aber hohe literarische Qualität kann ja oft gerade dadurch zustande kommen, dass man den quälenden Unsinn, der einem im Kopf herumschwirrt, ungefiltert aufs Papier kotzt. Jetzt zum Beispiel bewegen wir uns bereits auf der Metaebene. Ursprünglich wollte ich als Übung „Freie Assoziation“ vorschlagen, und beim Assoziieren ist Obenstehendes zustandegekommen, bevor ich überhaupt die Übung vorstellen konnte. Pech gehabt. Arbeitsanweisungen lassen sich eben nicht frei herbeiassoziieren, auch wenn manche Dozenten und Chefs den gegenteiligen Eindruck erwecken.

Und falls das hier alles – wie ich annehme – keinen Sinn macht, dann ist auch das nur eine Demonstration des Prinzips, dass es wichtiger ist, überhaupt etwas geschrieben zu bekommen, als dass es gut ist. Denn verdammt noch mal, ich habe jetzt bereits 200 Wörter in ungefähr acht Minuten geschrieben, wenn ich so weitermache, sollte ich kein Problem mit dem Wordcount haben. Eine Stunde höchstens und die Sache ist gegessen. Was dabei rauskommt, ist dann Theorie des Tages in Romanform. Freude schöner Götterfunken.

Ich werde das jetzt nicht nochmal durchlesen.

Apropos Krise – Montag, 28. Oktober 2013

Ach ja, ein Nachtrag zum Thema Krisen: Ich habe die Theorie, dass Elektrogeräte einem bestimmten Selbstzerstörungsschema folgen:

Erst geht eine Glühbirne nach der anderen kaputt (letzten Monat gleich drei).

Dann gibt der Fernseher seinen Geist auf.

Und als nächstes fängt der Computer an zu schwächeln.

Atempausen sind nicht vorgesehen. Rücksicht auf den Geldbeutel wird aus Prinzip nicht genommen. Ich versuche mittlerweile schon gar nicht mehr, derartige Probleme zu lösen. Mich im Dunkeln betrinken kommt billiger.

 

Was dich nicht umbringt… – Sonntag, 27. Oktober 2013

Als ich jünger war (und noch leichter zu beeindrucken), habe ich mal gehört, dass jede Krise einen ein Stück reifer mache. Man fühle sich dabei zwar beschissen, aber danach sei man bereits wieder etwas erwachsener. (Ich glaube, ich habe das in meinem Aufklärungsbuch gelesen. Darüber, wie man damit umgeht, wenn die berühmten Schmetterlinge ausbleiben und man sämtliche typisch jugendlichen Aktivitäten mit Ausnahme von Musikhören stinklangweilig findet, stand leider nichts darin. Aber naja, wie auch immer.)

Ich habe das brav ganz wörtlich genommen (und dementsprechend einen Minderwertigkeitskomplex entwickelt gegenüber allen Menschen, die schon so richtig was durchgemacht hatten in ihrem Leben, weil sie mir Unmengen an Entwicklung voraushaben mussten), aber erst jetzt, wo ich ungefähr doppelt so alt bin wie damals, wird mir klar, dass ich mich nie damit befasst habe, wie das eigentlich funktionieren soll. Hätte ich das getan, hätte ich mir viele Krisen von vorne herein ersparen können. Zur Illustration hier die typische Reaktion eines durchschnittlichen Menschen auf eine Krise:

1. Fluchen.

2. Heulen.

3. Betrinken.

4. Kater.

5. Verdrängen.

Inwiefern macht dieser Vorgang einen denn bitte reifer? Das würde ja bedeuten, dass Reifung im Abtöten von Gehirnzellen besteht! Wir sehen – irgendetwas stimmt nicht mit der Reife-Theorie. Offenbar geht sie von falschen Voraussetzungen aus.

Was wäre denn aber Voraussetzung dafür, dass jede Krise einen reifen lässt?

Dass man im Rahmen der Krisenbewältigung irgendwelche geistig-moralischen Kompetenzen erwirbt! Etwa dadurch, dass man die Krise durch gründliches Durchdenken der eigenen Werte und Prioritäten, eine Reise in die Kindheit und eine Auseinandersetzung mit der eigenen Sterblichkeit überwindet. Ich fürchte aber, diese Vorstellung gehört zurück ins Reich der Literatur, damit sie dort vor Gericht gestellt und nach einem harten, vernichtenden Urteil in die Mythenecke verbannt werden kann.

Denn: Was dich nicht umbringt, verleitet dich lediglich zu übermäßigem Alkoholkonsum!

 

 

Die Sternenseiten des Lebens – Samstag, 26. Oktober 2013

Es gibt einen alten Witz, in dem eine betagte Dame nach dem schönsten Tag ihres Lebens gefragt wird. Dezent errötend gesteht sie, es sei kein Tag, sondern vielmehr eine Nacht gewesen.

Ich habe es besser. Ich erlebe jedes Jahr die schönste Nacht meines Lebens: Die Umstellung auf die Winterzeit. Schade finde ich nur, dass sie mitten im Wochenende liegt. Wenn ich eh wach bin, dann habe ich nicht viel davon, dass ich eine Stunde länger schlafen kann…

Trancebedingte Arbeitsstörung – Freitag, 25. Oktober 2013

Es gibt viele beliebte Prokrastinationstätigkeiten; vor allem, wenn man gerade etwas am Computer erledigen sollte. Das bekomme ich gerade mal wieder zu spüren, wo ich hier sitze und die Zeiger unbarmherzig auf die Zwölf zu rücken und mir trotzdem nichts einfällt. Allerdings fällt mir etwas auf. Und zwar, dass sich meine Prokrastinationstätigkeiten offenbar von denen anderer unterscheiden.

Es fängt ja damit an, dass ich kein Facebook habe. Facebook und Farmville, das sind die beiden teuflischen F, die immer wieder als die größten Zeitfresser bezeichnet werden, typischerweise gefolgt von einer mehr oder minder nachhaltigen Entscheidung, bewusster mit der eigenen knapp bemessenen Lebenszeit umzugehen. Zum Beispiel, in dem man das Internet ausschaltet, während man gerade an etwas schreibt. Ein typischer Schriftstellerbeschluss.

Mein Verhalten ist allerdings weit weniger von Unterhaltungssucht und mangelnder Medienkompetenz geprägt. Wenn ich beim Schreiben prokrastiniere, dann sieht das so aus, dass ich völlig hypnotisiert mit einem oder mehreren Gegenständen spiele (Kugelschreiber, Münzen, Würfel oder Haarnadeln). Dabei kann es gefühlte zehn Minuten dauern, bis ich merke, dass ich gar nichts tue, denn mein Hirn arbeitet währenddessen intensiv. Nicht, dass ich mich nach dem Weglegen der Spielsachen daran erinnern könnte, woran ich gerade gedacht habe…

Manchmal fällt mir auf, was ich tue, ich beschließe, damit aufzuhören, und fünf Minuten später merke ich, dass ich immer noch mit den Haarnadeln klimpere und mir nur vorgestellt habe, wie ich weiterschreibe. Irgendwie erinnert mich das an früher, wenn meine Mutter zum fünften Mal gerufen hat, dass ich zu spät in die Schule komme und ich mich fragte, was sie will, ich sitze doch längst unten am Küchentisch, wo es so erstaunlich bequem war, fast wie im Bett….oh. Moment. Ich bin im Bett. Aber jetzt bin ich schon aufstanden. Was, das war auch wieder nur ein Traum?

Ich prokrastiniere also gar nicht, ich falle in eine Art Trance. Einen Wachschlaf. Gibt es für dieses Phänomen eine Erklärung? Oder wenigstens einen Namen?

Zyniklopädie des Unilebens, vermutlich Teil drei – Donnerstag, 24. Oktober 2013

Hörsaalschlaf, der: Zweckmäßige Art des Schlafens, bei der Schlafphasen mit den unwichtigen und die Wachphasen mit den wichtigen Aussagen des Dozenten zusammenfallen. Besonders effektiv in Kombination mit -> Schlafschreiben

Schlafschreiben, das: Die hohe Kunst, aus dem Tiefschlaf heraus eine Vorlesungsmitschrift zu erstellen. Gekennzeichnet durch eine unsichere Schrift und einem gelegentlichen sekundenschlafbedingten Fallenlassen des Stiftes.

Anwesenheitspflicht, die: Hauptgrund für den unbefriedigenden Verlauf einer Veranstaltung. Desinteressierte Studenten schwätzen mehr.

Hausmeister, der: Grantiger alter Mann, der sich selbst als Hausbesitzer und Studenten als Einbrecher empfindet.

Rückenmarkgesteuerte Dichtkunst – Mittwoch, 23. Oktober 2013

Ich stöhne und seufz´

Gleich neben dem Kreuz

Da tut es so weh.

 

Ich kann´s nicht verstehn

Es will nicht vergehn

Mir geht´s richtig meh.

 

Was mache ich bloß?

Wie krieg ich das los?

Ich bin es so leid.

 

Ich bräuchte mehr Zaster

Für ein Wärmepflaster

Aber die Läden haben eh schon zu.

 

 

 

 

 

Alltagsfehler – Dienstag, 22. Oktober 2013

Dumme Fehler im Alltag:

  • Haare waschen, vergessen, dass sie nass sind, sich anlehnen
  • Es erst eine Stunde später merken
  • Fliesen mit Scheuermilch bearbeiten
  • Kein Klopapier kaufen
  • „Ich spüle morgen“
  • Das gestern auch schon gesagt haben
  • Dinge im Kühlschrank vergessen

To be continued.